Beratungspraxis

Beispiele:

Aus der Beratungsarbeit: Maharishi Sadashiva Isham

Anfrage:

Ich bin mit einem Mädchen zusammen, das ich sehr liebe. Sie hat sich einer Meditationsgruppe angeschlossen, die Ishayas heisst. Die Ishayas beziehen sich auf den Apostel Johannes, der sich auf Patmos, einer griechischen Insel, niederliess und dort seinen Glauben praktiziert hat.

Ich bermerke, dass meiner Freundin diese Art der Meditation sehr gut tut und sie wirklich mehr Energie kriegt und sich besser fühlt. Sie plant einen langen Aufenthalt mit den Ishayas, wo sie meditieren wird. Sie überlegt sich zudem, einen Guru zu nehmen und auch ein Ishaya zu werden. Wenn man dort einen Guru nimmt, dann erhält man einen Namen aus dem Sanskrit und „sollte“ während einem Jahr weisse Kleider anziehen. Während dem Aufenthalt kann man sie nicht besuchen.

Insbesondere die letzten drei Punkte verunsichern mich zunehmend und ich habe Angst, dass sie sich zu fest verändern könnte und nur noch die Welt der Ishayas sieht. In der Diskussion, das möchte ich betonen, ist sie allerdings nie irgendwie komisch oder hatte nur noch einen Fokus, ein Ishaya zu werden.

Ich bin hin und her gerissen und möchte eigentlich, dass sie ihren Traum erfüllt, so lange zu meditieren. Auf der anderen Seite finde ich einen Namen aus dem Sanskrit anzunehmen und weisse Kleider für eine so lange Zeit zu tragen seltsam (Fiat Lux lässt grüssen?).

Wissen Sie etwas über die Ishayas (www.ishaya.com)? Ich bin mir bewusst, dass Sie nicht jede Sekte oder jeden gefährlichen Kult kennen können, aber ev. haben Sie ja Hinweise über die Ishayas, so dass ich meine Freundin warnen kann.

 

Antwort Sektenberatung, M. Scheidegger:

Bisher habe ich von dieser Bewegung noch nicht gehört. Allerdings gibt die Homepage auch sofort Aufschluss über die Herkunft der Bewegung. Der Guru ist ein Amerikaner, der in der Tradition vom kürzlich verstorbenen Maharishi Mahesh Yogi (Transzendentale Meditation) steht.

Ihr Gefühl für die Fragwürdigkeit täuscht Sie also nicht. Eine derartige Guru-Bewegung empfehlen wir keinesfalls. Es wird eine zu grosse Guru-Gläubigkeit und allfällige Abhängigkeit gelehrt und gelebt.

Meditation an sich ist ja durchaus positiv zu werten. Wenn aber, wie in TM üblich, die ganze Welt und gar der Weltfrieden mit Meditation hergestellt werden soll, dann verkommt eine solche Lehre zur Ideologie.

Auf der Seite www.ishaya.com finden Sie die Herkunftsgeschichte des Gurus. Da wird auch die fragwürdige Autorität begründet: Offenbarung durch eine bestimmte Person (Guru). Dies entspricht absolut nicht verantwortungsbewusster hinduistischer Tradition. Dort ist der Guru niemals Offenbarer der göttlichen Botschaft, sondern nur spiritueller Lehrmeister, der auf dem Pfad der Spiritualität schon mehr Erfahrung hat als ich und mich eben auf meinem Weg (insbesondere durch die Widerstände in mir hindurch) begleiten und führen kann.

Die Verantwortung und die Eigenständigkeit des Denkens dürfen so nicht abgegeben werden, wenn man nicht Gefahr laufen will, hörig zu werden.

Bezüglich Ihrer Freundin rate ich Ihnen, ein offenes und ehrliches Gespräch mit ihr zu führen, in dem Sie ihr auch Ihre Bedenken und Ängste mitteilen - ihre Eigenständigkeit aber achten und respektieren. Sie selber muss den Entscheid fällen - nicht bedrängt durch Sie!

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Gedanken erste Hinweise zum Umgang mit der Situation geben zu können. Für weitere Auskunft und Beratung (auch persönlich, allein oder zusammen) dürfen Sie sich gerne wieder an mich wenden.

 

Anfrage der Freundin:

Ich bin die Freundin …

Mein Freund hat diese Woche eine Anfrage an Sie gerichtet, mir davon erzählt und mir Ihre Antwort-Mail weitergeschickt. Ich finde es schön, dass er sich so sehr um mich kümmert und sich für meinen Aufenthalt interessiert.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Antwort. Das Mail war sehr hilfreich für mich. Ich finde es wichtig, über die Bewegung zu reflektieren und über den Aufenthalt nachzudenken.

Ich habe in diesem Zusammenhang einige Fragen an Sie. Wie kann ich am bestem objektiv bleiben? Die Meditation tut mir sehr gut und ich möchte darum gern mehr erfahren. Ich muss nicht unbedingt einen Lehrer nehmen. Ein Lehrer kann aber doch für die persönliche Entwicklung hilfreich sein? Wir sollen während dem Aufenthalt den Kontakt zu anderen Leuten einschränken. Ist das unbedingt negativ, oder doch nur natürlich, wenn man sich in der Meditation vertiefen will? Gibt es typische fragwürdige Anzeichen in solchen Bewegungen auf die ich aufmerksam sein kann?

Ich verstehe, dass mein Freund sich Sorgen um mich macht. Es ist natürlich, dass er sich um mich kümmert. Ich möchte aber gern meine eigene Entscheidung treffen.

Ich möchte ihn aber auch nicht enttäuschen. Ich glaube, dass ich auch meinen inneren Frieden bewahren kann wenn ich diese Zeit mit den Ishayas verbringe.

Was ich bis jetzt mit den Ishayas erfahren habe, hat mir nicht den Eindruck gemacht, dass es sich um eine Sekte oder einen gefährlichen Kult handelt. Aber, die Leute in solchen Bewegungen sind ja auch die Letzten die das verstehen, nicht wahr!?

Ich bin mit diesen Fragen sehr beschäftigt. Es ist nicht einfach negative Information über die Ishayas zu finden. Es gibt auch wenig Information ausserhalb der Bewegung. Ist das beängstigend? Ich habe mich für Montag mit einer früheren Ishaya verabredet. Sie hat die Bewegung verlassen. Vielleicht kann sie etwas Interessantes sagen.

Ich möchte sehr gern meditieren und den inneren Frieden spüren und weiterentwickeln. Ich bin aber nicht bereit, einen Kompromiss einzugehen oder meine Unabhängigkeit einschränken zu lassen.

 

Antwort Sektenberatung, M. Scheidegger:

Es ist gut, dass Sie sich mit Ihrem Bedürfnis nach Meditation und den entsprechenden Angeboten gut und differenziert auseinander setzen. Objektivität wird es nicht geben. Sie bleiben immer die Suchende, die Handelnde und die für sich selbst Verantwortliche. Und dies ist entsprechend auch immer subjektiv.

Hier liegt schon die erste kritische Hürde. Jedes Angebot, das sich Ihnen präsentiert und die Methode oder Lehre als Welterklärung anbietet ist entsprechend mit Vorsicht zu geniessen. Welterklärungsmodelle sind auch immer subjektive Erkenntnisse bestimmter Personen. Wenn sie sich präsentieren als göttliche Wahrheit, offenbarte Erkenntnis oder als Erklärungsmodell für Universum und Welt, dann handelt es sich um Ideologien. Das Wesen der Ideologie ist immer, dass man das Angebot nur so lange sinnvoll nutzen kann, als man auch die Weltsicht, das weltanschauliche Modell übernimmt. Dies ist tendenziell eine Einladung in die Abhängigkeit. Nicht mehr das eigene Urteilsvermögen, die eigene Wahrnehmung werden gefördert, sondern die Übernahme einer bestimmten Sichtweise.

Nicht statthaft sind dabei eben solche Mittel, wie sie scheinbar von MSI verlangt werden: Abschottung von andern Kontakten, Kleiderzwang. Solche Elemente schaffen einen bestimmten Gruppendruck und Zwang und ergeben eine spezifisch psychisch aufgeladene Atmosphäre, welche stark auf den Suchenden einwirkt und der er/sie sich auch nur schwer zu entziehen vermag. Wenn er/sie es nicht tut, wird es heissen, dass er eben so nicht ans Ziel gelange, dass damit sich kein Erfolg einstellen könne, etc. Insbesondere ist die Tradition des neuen Namens, die MSI aus seiner Lernzeit bei Maharishi Mahesh Yogi mitbringt, ein Anspruch, der von der Selbstüberhöhung des Gurus zeugt und auf jeden Fall abzulehnen ist. Der Guru lebt in seiner Omnipotenzphantasie (Selbstüberhöhung) von der Minderwärtigkeit und abhängigen Gläubigkeit seiner Anhänger. Und wenn er ihnen noch den Namen geben kann, dann gehören sie ja gewissermassen noch auf spezielle Art zu ihm.

Bezüglich der Einschätzung der Bewegung der Ishayas müssten Sie sich mal auf der Homepage der Bewegung kundig machen. Aufgrund der Anfrage Ihres Freundes habe ich folgende Beurteilung zusammengestellt: (siehe www.sektenberatung.ch)

Bedenken Sie, dass da Vorstellungen gelehrt werden, die einer differenzierten Weltsicht nicht sehr bekömmlich sind. Und dass MSI als Schüler des Maharishi Mahesh Yogi anschliessend einen christlichen Mönchsorden im Himalaya entdeckt haben will, lässt die Alarmglocken nochmals schrillen. Denn solches Gedankengut lässt sich ganz sicher nicht christlich begründen, es ist höchstens eine aus der Theosophie stammende okkulte Vorstellungswelt, welche esoterische Traditionen aufnimmt. Johannes wird immer wieder für gnostische und theosophische Vorstellungen missbraucht. (Informationen und Literaturlisten zu Gnosis und Theosophie finden sich auf unserer Website).

Ich empfehle Ihnen dazu, sich mit den Themenbereichen der Transzendentalen Meditation (kritische Information unter www.relinfo.ch), Theosophie und Gnosis zu befassen. Wenn Sie das nicht wollen, dann würde ich Ihnen eher raten, auf dieses spezifische Meditationsangebot zu verzichten.

Dazu zum Schluss noch eins: Meditation wird ja auf die vielfältigste Art und Weise angeboten. Sie können aus einer Vielzahl von Methoden wählen, die unterschiedlichsten Vorlieben als Hilfsmittel benutzen (gegenständliche Meditation, gegenstandslose Meditation, Meditation mittels eines bestimmten Rituals, etc.) Dabei ist nicht so wesentlich, welcher Tradition die Methode entspringt, ob buddhistisch oder eher christlich geprägt. Wesentlich ist, dass Sie die Verantwortliche sind und bleiben, dass Sie auf Ihr Gefühl und Ihre Wahrnehmung vertrauen und nur das tun, was für Sie stimmt.

Und dann ist da noch ein ganz wichtiger Faktor: Alle Meditation kann natürlich nicht das Lebensproblem lösen, das zu den vorgängigen Schwierigkeiten oder Krankheit geführt hat! Dazu hilft nur eine verantwortungsbewusste psychotherapeutische Aufarbeitung der eigenen Geschichte und Bedürfnisse! Wie bin ich geprägt worden? Wo und wie haben die Schwierigkeiten in mein Leben eingegriffen, mich mehr und mehr bestimmt? Wie kann ich verantwortungsbewusst und erwachsen nun mit den Herausforderungen umgehen, die das Leben mir ganz persönlich stellt? Denn eine Gefahr, auch der Meditation alleine liegt ja gerade darin, dass die spezielle spirituelle Betätigung mich von meiner Alltagserfahrung enthebt. Und bald bin ich abgehoben und lebe in einer spirituellen Scheinwelt, welche keinesfalls besser ist.

Ich hoffe, Ihnen damit für den Moment genügend Gedankenanstösse geben zu können. Ich ermuntere Sie, mit der Person, die Sie treffen werden auch über diese Fragen zu sprechen. Gerne werde ich von Ihnen hören, wie Sie Ihren Weg schliesslich gehen und wie Sie sich entscheiden.

 

Rückantwort der Freundin:

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Antwort und für die Zeit, die Sie sich für diese Anfrage genommen haben. Ihre E-Mail hat mir nochmals sehr geholfen! Besonders was Sie über Ideologie und Welterklärungsmodelle schreiben habe ich sehr interessant gefunden. Es hat meine Alarmglocken schrillen lassen und mich sehr wach gemacht!

Ich habe nach längerem Überlegen für mich den Entschluss gefasst, dass es für mich am wichtigsten ist, mich mit den Alltagsdingen zu beschäftigen und mich in meiner Freizeit der Meditation zu widmen. Ich habe mich entschlossen nicht mit den Ishayas eine längere Zeit zu verbringen.

Ich habe trotzdem die frühere Ishayalehrerin am Montag besucht. Es war sehr interessant, was sie zu erzählen hatte. Sie sagte, dass Sie keinen Zwang erlebt hat, dass Sie aber findet, dass sich in der Bewegung eine zu grosse Guru-Verehrung entwickelt hat. Sie sprach auch über die Gruppendynamik, die sich in solchen Bewegungen entwickelt. Was Sie erzählte, war sehr in Übereinstimmung mit dem was Sie mir geschrieben haben.



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